Erneut haben Absolventen der Staatlichen Artistenschule in Berlin ein Gastspiel in der Herborner Kulturscheune („KuSch“) gegeben. „Grammophobia“ lautete der Titel der Show, mit der elf junge Artisten das Publikum bis zur letzten Minute faszinierten.

Die Szenerie auf der Bühne mutete fantastisch an: Auf einem alten Dachboden, auf dem alte Möbel, aussortierte Kleider und jede Menge weiteres Gerümpel gelagert sind, steht ein altes Grammophon, das zum Leben erweckt wird. Von da an gaben alte, knisternde Schallplattenklänge den Takt vor, nach dem die Bewegungskünstler auf der Bühne agierten. Zu Zirkusmelodien längst vergangener Zeiten oder modernen HipHop und House-Nummern bewegten sich die Akteure leichtfüßig und demonstrierten ihre bewundernswerte Körperbeherrschung. Dabei präsentierten sie nicht nur außergewöhnliche Körperkunst, sondern auch ein mimisch ausgefeiltes Spiel. Das bestach mitunter durch viel Witz und Esprit sowie große Lebendigkeit. Episodische Szenen wechselten sich mit Tanz und Akrobatik-Nummern ab, einzelne Showvorführungen überzeugten dabei genauso wie actiongeladene Nummern, bei denen alle elf Artisten gleichzeitig über die Bühne wuselten.

Das Publikum nahm das von Philipp Boë inszenierte „zirzensische Spektakel“ mit Begeisterung auf. Tatsächlich konnte der Zuschauer, ob der wirklich spektakulären Nummern wie der Partnerakrobatik von Mario Kunzi und Joschka Schneider oder der Handstand-Equilibristik von Anissa Elakel nur staunen. Schön anzuschauen war die Darbietung von Mia Mattenklott, die mit fließenden wie kraftvollen Bewegungen an den Zwillingsschlaufen brillierte. Nur erahnen konnte das Publikum, welch schweißtreibende Körperarbeit hinter den Vorführungen steckt, denn die Akteure präsentierten diese mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die fast spielerisch wirkte. So vermittelten Toan Le, Fernece Heinrich und Miluh Chuh am chinesischen Mast den Eindruck der Schwerelosigkeit.

Nico Leist faszinierte, als er mit dem Einrad über ein Schlappseil balancierte und dabei gleichzeitig mit Kegeln jonglierte. Auch Donial Kalex zeigte eine tolle Jonglage und brachte die Gäste mit seiner großartigen Mimik während des gesamten Abends immer wieder zum Lachen. Am Schluss der Show bändigten die Artisten das Grammophon mit seinen alles bestimmenden Klängen. Die „Grammophobia“ hatte ein Ende. Schade, fanden die Zuschauer, die der Akrobatik-Show noch stundenlang hätten zusehen können. Stehenden Applaus gab es zum Schluss für ein wirklich ausgefallenes und gekonnt inszeniertes Akrobatik-Programm.

 

Text und Foto: Jenny Berns